Petri & Lehr Krankenfahrstühle

Sensationeller Scheunenfund: Petri & Lehr Dreirad für Körperbehinderte.

  • Baujahr: 1953
  • Motor: Sachs Einzylinder – Zweitaktmotor
  • Hubraum: 147 ccm
  • Hersteller: Krankenfahrstuhlfabik Petri & Lehr, Offenbach
  • Leistung: 6,5 PS
  • Höchstgeschwindigkeit: 45 km/h, gedrosselt
Das gleiche Modell im P&L-Katalog in den 50er Jahren – hier aber ohne den speziellen Wetterschutz.

Zustand

Absolut in unverbasteltem, stark patinierten Originalzustand, mit dem ersten sog. Pappe KFZ-Brief mit nur zwei Einträgen.

Besonderheiten

Die Basis ist ein offener P&L aus der 200er Serie (Abb 3) ohne aufwändigem Wetterschutz mit Windschutzscheibe. Bei diesem jedoch bestellte der Erstbesitzer als Extra einen komplettes Oberteil als Überdachung, bzw. Wetterschutz. Es lässt sich durch Öffnen von vier stabilen Reißverschlüssen und Lösen des Gestänges abnehmen. Die Windschutzscheibe aus Acrylglas bleibt stehen. Alle Seitenscheiben bestehen aus elastischem Kunstglas.

Das Vorderrad ist motorradmäßig trapezgabelgeführt, die Federung der Hinterräder über eine quer liegende Blattfeder. Direktlenkung über T- Gestänge mit Hebeln für Handkupplung, Vorderradbremse, sog. Leerlauffalle, Gasdrehgriff. Keine Fußpedalerie. Drei große 19 Zoll Speichenräder garantieren eine gute Straßenlage. Der Motor, rechts außerhalb angeordnet, treibt per Kette nur das rechte Hinterrad an. Hinter dem Fahrer ist der zweite, ausklappbare sog. Schwiegermutter- Sitz. Keine Fußpedalerie. Griffbereit die Handhebel an der rechten Innenwand, wie Schaltung und Handbremse kombiniert mit Feststellbremse. Links außen der Starthebel, mit einem Riemenzug zu bedienen, quasi ein Kickstarter auf Handbetrieb. 6 Volt Elektrik: Hupe, Scheibenwischer, Auf und Abblendlicht, Blinker.

Sensationell der Kilometerstand von nur 8113 km. Garantiert, da Tachowelle und Tacho intakt. Erstaunlich, da die Kolben von Zweitakmotoren nach längerer Standzeit, besonders im Freien, unweigerlich festkorrodieren. Wahrscheinlich wurde vorsorglich Korrossionsschutzöl in die Kerzenöffnung gegeben. Das bedeutet, dass der Motor noch nicht einmal eingefahren ist. Gefahren wurde der Rollstuhl von 1953 bis 1962. Anschließend überließ man das gute Stück seinem Schicksal. 10 Jahre war es dann den Wetterunbilden preisgegeben. 1972 hat sich ein lobenswerter, mitfühlender Mensch seiner erbarmt, und ihn trocken bis 2025 eingelagert. Zum Glück hat ihn die ungewöhnliche PVC-Kunstlederverkleidung vor dem Totalverfall gerettet. Auch die Innenausstattung ist gut erhalten. Alle äußeren Metallteile wie Gabel, Felgen, Speichen, Kotflügel, sind natürlich stark an – aber nicht durchgerostet. Für eine evl. Restaurierung stimmt all das zuversichtlich.

Apropos restaurieren: In diesem stark patinierten Zustand belassen, und als echten Scheunenfund und Kontrast zu den anderen Petri & Lehr-Fahrzeugen stellen?? Da schlagen z.Zt. zwei Herzen in meiner Brust. Eine Teilrestaurierung in einen lediglich fahrbaren Zustand ist m.E. nicht sinnvoll.

Noch zu erwähnen wäre, dass es sich um einen äußerst seltenen P&L in dieser speziellen Ausführung handelt. Nur eine geringe Stückzahl können ausgeliefert worden sein können. Der aufwändige Sattler- Wetterschutzaufbau mit den dekorativen Aluzierleisten dürfte wegen der Sonderanfertigung nicht billig gewesen sein. Eigentlich kurios, erlaubte er nur einsitziges Fahren, da die Rückenlehne nach vorne in den Innenraum geklappt werden muss. Ein Lenkervollausschlag war geschlossen ebenfalls nicht möglich.

Petri & Lehr begann bereits 1902 mit der Fertigung sehr unterschiedlicher handbetriebener Fahrzeuge. In den 30er Jahren kamen dann auch Kleinwagen, nicht nur für Körperbehinderte, hinzu. P&L ist damit, vor der Fa. Meyra, der älteste und größte Rollstuhlhersteller Deutschlands. Die Produktpalette ist enorm. In neuerer Zeit wurden dann nur noch normale Autos für Körperbehinderte umgerüstet.

P&L Typ 11 aus einem Katalog aus den 30er Jahren. Beispiel für die Fertigung von Kleinwagen auch für Nicht-Behinderte
Katalogabbildung eines Fahrzeugs aus der 200er-Serie der 50er Jahre.